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(Aussenwand-) Fachwerkbau

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Abb. 1 Fachwerk-Spielhäuser mit Zöpfen und anderen Verzierungen
Quelle: Bubiza

Grundlagen

Beim Fachwerkbau wird zunächst ein tragendes Grundgerüst bestehend aus Schwelle, Rähm, Pfosten, Streben und Riegeln erstellt. Häufig werden Hölzer mit mit quadratischen Querschnitten verwendet. Nachdem das Grundgerüst steht, werden die einzelnen Gefache ausgefüllt.

Wandaufbau / Konstruktion

Der konstruktive Aufbau einer Fachwerkwand ist in einigen Punkten dem einer Holzrahmenbauwand sehr ähnlich. Die Wand wird unten durch die Schwelle und oben durch das Rähm begrenzt. Zwischen Schwelle und Rähm stehen die Pfosten oder auch Ständer genannt.

Im Gegenteil zu einer Holzrahmenbauwand erhält eine Fachwerkwand keine aussteifende Beplankung. Die aussteifende Funktion übernehmen hier die Streben. Die Aufteilung in Gefache erfolgt durch Riegel, die horizontal zwischen Pfosten und Streben oder auch als Tür- und Fenstersturz, bzw. Brüstungsriegel angeordnet werden. Die Tragkonstruktion historischer Fachwerkbauten besteht je nach regionaler Verfügbarkeit aus Eichen- oder auch Nadelholz (Fichte, Tanne , Kiefer).

Je nach Lage des Gebäudes und Witterungsbeanspruchung werden Fachwerkwände teilweise mit vorgehängten Fassaden z.B. aus Holzschalungen oder auch mit Schieferbekleidungen versehen, um die Tragkonstruktion und die Gefache vor Schlagregen zu schützen.

Bestandteile

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Abb. 2 Bezeichnungen einer Fachwerkwand
Quelle: Bubiza

Rähm

Als Rähm wird das waagerecht verlaufende Holz bezeichnet, welches die Fachwerkwand nach oben einfasst. Das Rähm nimmt die Decken- oder Dachlasten sowie Lasten aus eventuell darüber angeordneten Wänden auf und leitet diese in die Ständer (Stiele) weiter. Die Ständer sind mit dem Rähm verzapft, um sie in ihrer Lage zu sichern.

Bei längeren Fachwerkwänden muss das Rähm muss das Rähm mit einer Längsverbindung gestoßen werden. Durch horizontale Lasten können Kräfte entstehen, die eine zugfeste Verbindung erforderlich machen. Dies wird in der Regel durch zimmermannsmäßige Verbindungen realisiert.

Schwelle

Die Schwelle bildet den unteren waagerechten Abschluss der Wand. Aus gründen des Holzschutzes liegt die Schwelle einer Erdgeschosswand nicht direkt auf dem Fundament, sondern auf einem massiven Sockel auf. Um die Schwelle vor aufsteigendem Wasser zu schützen, wird eine Bitumenbahn zwischen Schwelle und Sockel angeordnet. Schwelle und Rähm werden durch die Ständer senkrecht zur Faser belastet, die lastabtragende Querschnittsfläche wird durch die Zapfenlöcher zusätzlich reduziert, sodass hier der Engpass in der Kraftweiterleitung, insbesondere bei mehrgeschossigen Gebäuden, besteht.

Ständer

Die zwischen Schwelle und Rähm angeordneten Ständer (auch Stiele genannt) dienen der Abtragung vertikaler Lasten. Durch das Rähm werden diese Lasten relativ gleichmäßig auf die Ständer verteilt.

Riegel

Durch die zwischen den Ständern waagerecht verlaufenden Riegel werden die geschosshohen Abschnitte in kleinere Ausfachungsfelder unterteilt. Durch den Einbau von Sturz- und Brüstungsriegeln werden Fenster- und Türöffnungen konstruiert. Unbelastete Riegel werden meist durch Zapfen mit den Ständern verbunden während dies bei Sturz- und Brüstungsriegeln meistens mit Versätzen erfolgt.

Streben

Streben dienen der Abtragung horizontaler Lasten, in der Regel handelt es sich hierbei um Windlasten. Zur Lastabtragung sind pro Wand zwei gegenläufige Streben anzuordnen (bevorzugt in den beiden Endfeldern). Die Streben wirken als Druckstäbe in den Wänden und werden meist mit Versätzen an Schwelle und Rähm bzw. am Eckständer angeschlossen. Alternativ können auch Kopf- oder Fußbänder zur Anwendung kommen.

Gefache

Die Gefache einer Fachwerkwand werden meist mit Lehmbaustoffen oder auch mit Ziegelsteinen ausgefüllt. Bei der Lehmbauweise wird entweder ein Strohlehmbewurf auf Stakung oder Weidengeflecht aufgebracht oder es kommen Lehmziegel zum Einsatz. Bei der Restaurierung oder Neuerstellung von Gefachfüllungen aus Lehm wird häufig auf industriell hergestellte Lehmstrohmischungen zurückgegriffen. Diese müssen auf der Baustelle vor dem Aufbringen nur noch mit Wasser vermischt werden und stellen eine deutliche Zeitersparnis gegenüber selbst hergestellten Mischungen dar. Ein, insbesondere früher, häufig verwendeter Außenputz für die Gefache ist Kalkmörtelputz.

Mit Weidenzweigen und Lehm-Stroh gefüllte Gefache einer Fachwerkwand.

Abb. 3 und 4 mit Weidenzweigen und Strohlehm gefüllte Gefache
Quelle: Bubiza

Außenwanddämmung

Anders als bei den modernen Holzbaukonstruktionen (Holzrahmenbau, Massivholzbau) kommen an Fachwerkgebäuden selten außenliegende Dämmungen und Wärmedämmverbundsysteme zum Einsatz. Dies hängt häufig damit zusammen, dass viele Fachwerkgebäude denkmalgeschützt sind und in ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht verändert werden dürfen.

Ist eine nachträgliche Dämmung einer Fachwerkwand gewünscht, kommt daher in der Regel ausschließlich eine Innendämmung in Frage.

Die raumseitige Dämmung einer Fachwerkaußenwand muss unbedingt aus diffusionsoffenen und kapillaraktiven, also saugfähigen Materialien bestehen. Insbesondere durch Schlagregenbeanspruchung von außen eingedrungene Feuchtigkeit muss durch Rücktrocknung nach innen und außen aus der Konstruktion abgeführt werden können um Holzschäden durch dauerhafte Befeuchtung zu verhindern.

Für die Innendämmung von Fachwerkwänden haben sich daher Holzfaserdämmungen in Kombination mit diffusionsoffenen Kalk und Lehmputzen bewährt. Es ist dabei dringend darauf zu achten, dass die Dämmplatten eine flächige Auflage ohne Hohlräume haben, dies kann Beispielsweise durch das Aufbringen einer Ausgleichschicht aus Rotkalk oder Lehmputzen geschehen. Zudem ist darauf zu achten, dass die Materialien für diesen Verwendungszweck zugelassen sind.

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Abb. 5 Innenwanddämmung aus Holzfaserdämmplatten mit bewehrtem Lehmputz
Quelle: Bubiza

Fachwerkarten

Resultierend aus regionalen Unterschieden lässt sich der Fachwerkbau in Deutschland in drei Gruppen unterteilen.

  • oberdeutsches (alemannisches) Fachwerk: Weite Ständerstellung im Abstand von vier bis sechs Deckenbalken. Eng liegende Deckenbalken. Das Rähm ist als doppelter Balken mit auskragenden Deckenbalken ausgeführt. Die Ständer sind mit Fuß- oder Kopfbändern abgestrebt (Mannfiguren).
  • mitteldeutsches (fränkisches) Fachwerk: Engere (unregelmäßige) Ständerstellung bei Stockwerksbauweise; zahlreiche Verstrebungen in Form von Mann- oder K-Figuren oder des Andreaskreuzes.
  • niederdeutsches (niedersächsisches) Fachwerk: regelmäßige Ständerstellung im Abstand der Deckenbalken über alle Geschosse. Zahlreiche Verstrebungen und Fußbänder teilweise in jedem Gefach. Fußbänder häufig in Form von Fächerrosetten.

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Abb. 6 Fachwerk im niederdeutschen Stil
Quelle: Bubiza

Fachwerkfiguren

Fachwerkfiguren (auch Fachwerkbilder genannt), dienen nicht nur der Wandaussteifung, sondern sie haben auch verschiedene symbolische Bedeutungen. Daher wurden sie früher häufig in den Wandaufbau integriert, um das Gebäude und dessen Bewohner mit besonderem Schutz oder Wünschen zu versehen. Jede Fachwerkfigur hat somit eine eigene Bedeutung. Nachfolgend werden vier klassische Fachwerkbilder erläutert, die sich häufig in Außenwänden historischer Fachwerkhäuser finden lassen.

Andreaskreuz

Dem Andreaskreuz wird die Bedeutung als Mehrungszeichen zugeordnet. Die Bedeutung kann vielfältig ausgelegt werden wird aber am häufigsten mit dem Wunsch nach Reichtum und Kindersegen in Verbindung gebracht. Andreaskreuze finden sich häufig im Gefachbereich unterhalb von Brüstungsriegeln.

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Abb. 7 Andreaskreuz
Quelle: Bubiza

Raute

Rautenförmige Fachwerkfiguren werden häufig mit einer entsprechenden Rune in Verbindung gebracht. Die Bedeutung des Zeichens ist vielfältig wird aber oft als Fruchtbarkeitssymbol und Zeichen des Neubeginns gedeutet.

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Abb. 8 Raute
Quelle: Bubiza

Feuerbock

Der Feuerbock ist ein Schutzzeichen und in seiner Form eine Abwandlung des Andreaskreuzes. Der Feuerbock hat geschweifte Streben und soll das Gebäude vor Feuer und Bränden schützen.

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Abb. 9 Feuerbock
Quelle: Bubiza

Mann / wilder Mann

Diese Fachwerkfigur besteht aus zwei von der Schwelle kommenden Fußbändern, an die entweder im Strebenkreuz oder auch zusätzlich aufgesetzt zwei ans Rähm führende Kopfbänder anschließen. Diese Ausstrebung erinnert an einen Mann mit weit gespreizten Beinen und Armen, daher der Name „Mann“ oder auch „wilder Mann“. Die Bedeutung lässt sich am ehesten mit dem Bezug zu der historisch - mythischen Figur des „wilden Mannes“ in Verbindung bringen, der eine unheilabwehrende und übermenschlich starke Funktion beigemessen wurde.

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Abb. 10 Mannfigur bestehend aus dreiviertel hohen Wandstreben (Fußbänder) und im Strebenkreuz anschließenden Kopfbändern
Quelle: Bubiza

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Abb. 11 Mannfigur mit verzierten Kopfbügen und auf die Streben aufgesetzten Kopfbändern
Quelle: Bubiza