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Dachkonstruktion

Dachtragwerk

Ein Dachtragwerk hat die Aufgabe sämtliche Einwirkungen (Wind, Schnee, Eigen- und Ausbaulasten) aufzunehmen und in die unterstützenden Bauteile (Wände und Decken) abzuleiten. Da Dachtragwerke im Allgemeinen komplexe Tragsysteme darstellen, sind eine Vielzahl von Anforderungen in der Planung und Ausführung zu berücksichtigen, um mangelfreie Konstruktionen herzustellen.

Umfangreiche Kenntnisse über verschiedene Dachtragwerke und deren Funktionsweisen sind nicht nur bei Neubauten sondern auch bei Umbauten und Sanierungen notwendig.

Statisch-konstruktiv lassen sich viele Dächer in zwei unterschiedliche Konstruktionssysteme, das Sparrendach und das Pfettendach, unterscheiden.

Dachbauteile

Ein Hausdach besteht immer aus der eigentlichen Dachkonstruktion und der darauf angeordneten Dachhaut. Zur Dachkonstruktion gehören alle tragenden und aussteifenden Konstruktionsteile. Die wesentlichen Konstruktionsbauteile sind in der nachfolgenden Abbildung gezeigt und benannt.

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Abb. 1 Bezeichnungen von Dachbauteilen
Quelle: Bubiza

Dachhaut

Die Dachhaut beinhaltet sowohl die Eindeckung (z.B. Dachziegel) bzw. Abdichtung (Folien, Bitumenbahn) als auch die dazugehörige Unterkonstruktion wie Trag- und Konterlattung (auch Schalungen) sowie gegebenenfalls Aufsparrendämmungen und Unterdeckbahnen oder auch Unterdeckplatten.

Nachfolgend ist der Beispielhafte Aufbau einer Dachhaut bestehend aus einer Aufsparrendämmung aus Holzfaserplatten, Konterlattung, Traglattung und der Eindeckung mit Ziegel dargestellt.

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Abb. 2 verschiedene Schichten einer Dachhaut
Quelle: Bubiza

Sparrendach

Sparrendächer, auch Widerlagerdächer genannt, sind traditionelle Dachtragwerke, die in der Regel in einem Dachneigungsbereich von 30 bis 60° ausgeführt werden. Das Tragsystem besteht aus zwei sich gegenüberliegenden Sparren, die zusammen mit der Deckenlage ein aussteifendes Dreieck bilden. Die gesamte Belastung der Dachkonstruktion wird ausschließlich von den Sparren aufgenommen und an den Fußpunkten an die anschließenden tragenden Bauteile abgegeben. Der dadurch entstehende stützenfreie Dachraum stellt einen großen Vorteil von Sparrendächern dar.

Die Sparren werden im Firstpunkt durch Verblattungen oder Laschen gelenkig miteinander verbunden, durch die gegenseitige Abstützung treten in den Sparren Druckkräfte auf. Diese Druckkräfte führen an den Sparrenfußpunkten zu erhöhten Horizontallasten, die Sparren werden also am Auflager nach aussen gedrückt. Um diese Kräfte abzufangen und weiterzuleiten, müssen die Auflager fest und unverschieblich ausgebildet werden.

Die Weiterleitung der vertikalen und horizontalen Auflagerkräfte kann direkt oder über einen Drempel in die Deckenkonstruktion erfolgen. Aufgrund der hohen Auflagerkräfte sind Sparrendächer bei Drempeln aus Holz oder Mauerwerk nicht geeignet, da diese im Gegensatz zu Stahlbetondrempeln nicht oder nur unter hohem konstruktivem Aufwand dazu geeignet sind, Horizontalkräfte aufzunehmen.

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Abb. 3 Sparrendach auf Holzbalkendecke
Quelle: Bubiza

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Abb. 4 Sparrendach auf Stahlbetondrempel
Quelle: Bubiza

Sparrendruckkraft

Durch die gegenseitige Auflagerung der Sparren im Firstbereich findet eine Lastumlagerung statt und die Auflagerkräfte werden als Druckkraft in die Sparren geleitet. Bei diesem Tragsystem spielt die Dachneigung eine entscheidende Rolle. Bei flach geneigten Dächern entstehen bei gleicher Auflagerlast wesentlich höhere Druckkräfte als bei steileren Dachneigungen. Aus diesem Grund sollte die Dachneigung bei Sparrendächern nicht unter 25° liegen, da die hohen Druckkräfte ansonsten zu unwirtschaftlichen Sparrenquerschnitten und konstruktiven Problemen in den Fußpunkten führen würden.

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Abb. 5 hohe Sparrendruckkräfte bei flacher Dachneigung
Quelle: Bubiza

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Abb. 6 geringere Sparrendruckkräfte bei steiler Dachneigung
Quelle: Bubiza

Fusspunktanschlüsse

Durch die an den Fußpunkten zusätzlich zu den Vertikallasten auftretenden Horizontallasten, ist eine besonders stabile und unverschiebliche Auflagerung nötig. Werden die Sparren an eine Holzbalkendecke angeschlossen, so wirken die Deckenbalken wie Zugbänder.

Die Ausbildung des Fußpunktes kann dabei entweder durch zimmermannsmäßige Holzverbindungen wie Stirn-, Rück-, oder doppelten Versatz oder auch mit dafür zugelassenen Stahlblechformteilen erfolgen. Die Versätze müssen gegen das Deckenbalkenende zurückversetzt werden, um eine ausreichende Vorholzlänge zu gewährleisten. Die Ausbildung eines Dachüberstandes ist bei diesen Ausführungsarten nur durch einen Aufschiebling möglich. Dahingegen ist beim Einsatz von Stahlblechformteilen durch Ausklinken des Sparrens die Ausbildung eines geringen Dachüberstandes ohne Aufschiebling möglich.

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Abb. 7, 8; links Sparrenfußpunkt mit Stirnversatz, rechts Sparrenfußpunkt mit Rückversatz
Quelle: Bubiza

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Abb. 9, 10; links Fußpunkt mit doppeltem Versatz, rechts Fußpunkt mit traufenparalleler Bohle
Quelle: Bubiza

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Abb. 11 Fußpunkt mit Stahlblechformteil, Ausführung des Dachüberstands ohne Aufschiebling möglich
Quelle: Bubiza

Fußpunkt auf Massivdecken / Drempel

Der Sparrenfußpunkt bei Massivdecken wird in der Regel durch eine Betonaufkantung (Drempel) in Verbindung mit einer Druckschwelle aus Holz gebildet. Die Druckschwelle wird mit Hilfe von Ankerbolzen oder Injektionsankern in der Massivkonstruktion verankert. Die Übertragung der Druckkräfte aus den Sparren auf die Druckschwelle erfolgt meist durch unterseitig angeordnete Knaggen oder durch Ausklinkung des Sparrens. Eine Sicherung der Sparren gegen abhebende Kräfte aus Windsog erfolgt häufig durch die Verwendung von Stahlblechformteilen, wie z.B. Sparrenpfttenankern.

Widerlager mit Knagge

Abb. 12 CAD Zeichnung für eine Fußpunktausbildung mit unterseitig an den Sparren angebrachten Knaggen auf einem Stahlbetondrempel. (Fußpfette nur zeichnerisch dargestelt)

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Abb. 13 die Ausführung gemäß Zeichnung

Widerlager mit Ausklinkung

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Abb. 14 Mögliche Variante einer Fußpunktausbildung mit ausgeklinktem Sparren auf einem Stahlbetondrempel.
Quelle: Bubiza

Kehlbalkendach

Das Kehlbalkendach ist eine Weiterentwicklung des Sparrendachs, um größere Gebäudetiefen zu überbrücken. Mit Kehlbalkendächern können in der Regel Gebäudebreiten von 9 bis 14 m überspannt werden. Bei weiter gespannten, reinen Sparrendächern würden die Verformungen der Sparren zu groß werden. Aus diesem Grund wird zur Unterstützung der Sparren zusätzlich ein waagerechter Kehlbalken (Kehlriegel) eingebaut. Die Sparrenpaare stützen sich nun nicht nur am First, sondern auch am Kehlbalken gegeneinander ab. Dies führt zur Reduzierung der Verformungen und Biegebeanspruchung. Der Kehlbalken kann einteilig oder mehrteilig als Zangenkonstruktion ausgeführt werden.

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Abb. 15 Kehlbalkendach
Quelle: Bubiza

Pfettendach

Bei Pfettendächern werden die Sparren durch darunter liegende, in der Regel parallel zur Traufe verlaufende Pfetten getragen. Der Große Vorteil von Pfettendächern gegenüber Sparrendächern liegt darin, dass nachträgliche Veränderungen am Dach (z.B. der Einbau von Gauben) sowie die Überdachung komplizierter Grundrisse relativ problemlos möglich sind. Solche Maßnahmen sind bei Sparrendächern nur sehr eingeschränkt realisierbar.

Die Fußpfetten liegen über den Außenwänden auf der oberen Geschossdecke oder auf dem Drempel auf. Mittelpfetten und Firstpfetten leiten die Kräfte über Stützen oder Wandscheiben in die darunter liegende Konstruktion ab. Sparren und Pfetten wirken jeweils als separate Tragsysteme.

Die Ableitung der senkrechten Lasten erfolgt nicht wie bei Sparrendächern nur in Gebäudequerrichtung sondern über die Pfettenstränge auch in Längsrichtung. Diese längsorientierte Abstützung bietet den besonderen Vorteil, dass die Stützenstellung nicht einheitlich sein muss, sondern den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden kann. Daher werden bei Pfettendächern im Gegensatz zu Sparrendächern die Einwirkungen auf das Dach nicht nur von den Außenwänden aufgenommen. Im Gebäude findet ebenfalls eine konzentrierte Lasteinleitung durch die Stützen und Streben der Pfetten statt, die 50 bis 80 % der Gesamtlasten des Daches umfassen können.

Pfettendächer können je nach Unterstützung durch den Dachstuhl unterschieden werden in:

  • strebenloses bzw. nicht abgestrebtes Pfettendach (Pfettendach mit stehendem Stuhl)
  • abgestrebtes Pfettendach
  • Pfettendach mit liegendem Stuhl

Einfach stehender Stuhl

Pfettendächer mit einfach stehendem Stuhl bilden das einfachste Tragsystem, sie bestehen aus Fuß- und Firstpfette.

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Abb. 16, 17, einach stehender Stuhl
Quelle: Bubiza

Zweifach stehender Stuhl

Bei Pfettendächern mit zweifach stehendem Stuhl sind die Sparren auf den Fuß- und Mittelpfetten aufgelagert und bilden in Firstrichtung eine Auskragung. Die Firstpfette kann hierbei entfallen, wenn die Kragarmlänge von der Mittelpfette bis zum First nicht mehr als ca. 0,30 bis 0,40 der Feldlänge zwischen den Pfetten beträgt. Bei einem solch kurzen Kragarm tritt am Kragarmende keine Verformung nach unten auf, sodass eine Firstpfette onehin nicht belastet werden würde. Um jedoch Schäden der Dachdeckung am Firstpunkt durch andere Verformungen zu vermeiden, ist der Einbau einer Firstbohle oder eines Firstholzes angebracht.

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Abb. 18, 19, zweifach stehender Stuhl
Quelle: Bubiza

Dreifach stehender Stuhl

Bei größeren Gebäudebreiten oder einem zu großen Kragarm zwischen Mittelpfetten und First wird eine lastabtragende Firstpfette eingebaut. So entsteht dann ein dreifach stehender Stuhl. Mit diesem Tragsystem können Gebäudebreiten bis m überspannt werden. Die Sparren bilden ein statisch günstiges Zweifeldträgersystem mit Kragarm im Bereich der Traufe.

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Abb. 20, 21, dreifach stehender Stuhl
Quelle: Bubiza