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Die virtuelle Baustelle
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Netzplantechnik

Grundlagen

Ein Graph, welcher in seiner Darstellung aus Knoten und verbindenden Strecken (Kanten) als Netzwerk entsteht, bildet die Struktur des Netzplanmodells. Diese grafische oder tabellarische Darstellung einer Ablaufstruktur, die aus Vorgängen bzw. Ereignissen und Anordnungsbeziehungen besteht, nennt man Netzplan. Im Bauwesen finden Netzpläne bei Projekten oder Teilprojekten als Gesamtnetzplan oder Teilnetzplan Anwendung, um:

  • die Gesamtdauer eines Projektes zu ermitteln,
  • eine zeitliche und logische Abfolge der Vorgänge in einem Projekt festzulegen,
  • einen kritischen Pfad zu visualisieren, welche Vorgänge darstellen, die das geplante Projektende gefährden können oder
  • um mögliche Puffer in der Terminplanung darzustellen.

In Deutschland wird die Netzplantechnik in der DIN 69900 näher behandelt. Begriffe, welche aus dieser hervorgehen, werden nachfolgend erläutert.

Netzplan Graphische oder tabellarische Darstellung einer Ablaufstruktur, die aus Vorgängen bzw. Ereignissen und Anordnungsbeziehungen besteht.
Netzplantechnik Auf Ablaufstrukturen basierende Verfahren zur Analyse, Beschreibung, Planung, Steuerung, Überwachung von Abläufen, wobei Zeit, Kosten, Ressourcen und weitere Größen berücksichtigt werden können.
Vorgang Zeit erforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und Ende. Jeder Vorgang beginnt und endet mit einem Ereignis.
Ereignis Eintreten eines definierten Zustandes im Ablauf.
Anordnungsbeziehung Abhängigkeiten zwischen Ereignissen oder Vorgängen.
Knoten Verknüpfungspunkt im Netzplan.
Pfeil Gerichtete Verbindung zwischen zwei Knoten.
Weg Durch einen oder mehrere aufeinanderfolgende Pfeile hergestellte Verbindung von Knoten.
Dauer Zeitspanne vom Anfang bis zu Ende eines Vorganges.

Ein grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal aller Netzplanmethoden ist die Art der Behandlung von Vorgängen, Zuständen bzw. Ereignissen zu den Elementen des Netzplanes.

Vorteile der Netzplantechnik

  • Die NPT erfordert die genaue Festlegung der gegenseitigen Abhängigkeiten aller relevanten Vorgänge und zwingt damit den Planer zu einer genaueren Analyse des Projektablaufes.
  • Es wird eine verständliche und anschauliche Darstellung des Projektablaufes ermöglicht.
  • Die NPT ist aussagefähiger als andere Verfahren, da Zeitreserven (Pufferzeit) ebenso wie kritische Vorgänge und Wege erkennbar aufgezeigt werden.
  • Ein Einsatz der EDV, was hinsichtlich der laufenden Soll‐Ist‐Vergleiche in der Projektsteuerung und daraus resultierenden Neuberechnungen möglich ist, kann bei der NPT hilfreich ist.
  • Durch die NPT wird die Simulation verschiedener Ablaufvarianten möglich.
  • Gezielte sortierte Ausdrucke und Listen für die betreffenden Projekt‐Beteiligten führen zu einer besseren Akzeptanz sowie zu einer erheblichen Arbeitserleichterung und kürzeren Bearbeitungsdauern.
  • Die NPT ermöglicht eine Optimierung des Bauablaufes und eine bessere Koordination.

Nachteile der Netzplantechnik

  • Hoher zeitlicher Aufwand für die Erstellung eines Netzplanes.
  • Schwierige Handhabung für die in der Bauleitung tätigen Arbeitskräfte.
  • Höhere Abstraktionsfähigkeit der Anwender erforderlich.
  • EDV‐Einsatz bei komplexeren Bauvorhaben unumgänglich.
  • Vor Beginn ist eine genaue Analyse des gesamten Ablaufes und der Abhängigkeiten erforderlich.
  • Zur Präsentation für den Bauherren und die Baustelle ist der reine Netzplan weniger geeignet.
Daher möglichst aus dem Netzplan den Balkenplan entwickeln!

Erstellung eines Netzplans

Nachfolgend werden die Schritte zur Erstellung eines Netzplans aufgezeigt:

Schritt Anwendung
1 In einem ersten Schritt müssen alle Vorgänge beschrieben und in einer Vorgangsliste erfasst werden. Anschließend müssen die Dauern der einzelnen Vorgänge ermittelt und ebenfalls in der Vorgangsliste notiert werden.
2 Im nächsten Schritt müssen die Abhängigkeiten der einzelnen Vorgänge erfasst werden. Dafür werden in der Vorgangsliste hinter jedem Vorgang die Vorgänger erfasst und die zeitlichen Abhängigkeiten als Anfangs‐Anfangs‐Folge ermittelt. Daraus resultierend wird der Netzplan mit seinen einzelnen Vorgängen (Knoten) und den Beziehungen (Kanten bzw. Pfeile) sowie der zeitlichen Abfolge (Zeiten an den Kanten) erstellt. Alternativ können die Abhängigkeiten und die zeitlichen Zusammenhänge auch direkt bei der Erstellung des Netzplans erfasst werden.
3 In diesem Schritt erfolgt die Zeit- und Ressourcenplanung pro Vorgang und damit einhergehend für die komplette Maßnahme. Darauf aufbauend erfolgt diese zusammen mit der Ermittlung der erforderlichen Kapazitäten an Arbeitskräften, Geräten und Materialien. Insbesondere der Einsatz an Arbeitskräften sollte über die Laufzeit der Maßnahme gesehen einigermaßen ausgeglichen sein und keine ständigen Sprünge aufweisen. Daraus resultierend ergeben sich ggf. nochmals zeitliche Verschiebungen im Netzplan. Nach definierten Regeln werden nacheinander für die einzelnen Vorgänge frühester Anfang und frühestes Ende, spätester Anfang und spätestes Ende sowie Zeitreserven (Puffer) ermittelt. Die Vorgänge ohne zeitliche Reserven bilden den sogenannten kritischen Weg ab: zeitliche Verzögerungen bei diesen Vorgängen führen zu einer Verzögerung der Gesamtmaßnahme.
4 Nachdem die Zeit‐ und Ressourcenplanung abgeschlossen ist, erfolgt als letzter Schritt die Analyse der Kosten evtl. durch die Kalkulation über die Angebotssumme oder Kostenermittlung nach DIN 276.

Elemente und Anodnungsbeziehungen

Elemente und Anordnungsbeziehungen, welche für die Erstellung eines Netzplans benötigt werden, sind wie folgt deklariert:

Elemente
Kurzform Beschreibung
V Vorgang, dargestellt als Rechteck
Abhängigkeit, dargestellt als Pfeil
Z zeitlicher Mindestabstand der Beginn‐Zeitpunkte bei zwei aufeinanderfolgenden Vorgängen (Anfangsfolge). Dargestellt als Zahl am Pfeil.
Anordnungsbeziehungen
Kurzform Beschreibung Folgenbezeichnung
Normalfolge NF Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers Ende‐Anfang‐Beziehung
Anfangsfolge AF Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers Anfang‐Anfang‐Beziehung
Endfolgfe EF Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers Ende‐Ende‐Beziehung
Sprungfolge SF Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers Anfang‐Ende‐Beziehung

Dargestellt werden die Anordnungsbeziehung zum besseren Verständnis in Abbildung 1:

Abbildung 1: Anordnungsbeziehungen für den Netzplan (Quelle: IBW Uni Kassel, Dr. Holger Schopbach)

Berechnung der Vorgangszeiten

In diesem Schritt wird aufgezeigt, wie Vorgänge mittels Vorwärts- und Rückwärtsrechnung und deren Pufferzeiten berechnet werden.

Zunächst fällt der Blick hier auf die Darstellung eines Vorgangs:

Kurzform Beschreibung
D Vorgangsdauer
FA frühester Anfang des Vorganges
SA spätester Anfang des Vorganges
FE frühestes Ende des Vorganges
SE spätestes Ende des Vorganges
FP freie Pufferzeit
GP gesamte Pufferzeit

Abbildung 2: Darstellung eines Vorgangs (Quelle: IBW Uni Kassel, Dr. Holger Schopbach)

Vorwärtsrechnung
Schritt Beschreibung
1 Beim Startknoten frühesten Anfang gleich Null setzen (FA = 0). Bei der Vorwärtsrechnung wird dann der früheste Anfang eines jeden Vorgangsknotens ermittelt: FAi = FAi-1 + Zi-1
2 Für Abhängigkeitszeiten Z die Anfang-Anfang-Beziehung zugrunde legen. Hat ein Vorgangsknoten mehrere Vorgänger, ist für FAi der späteste Wert anzusetzen.
3 Nachdem für alle Knoten der früheste Anfang ermittelt wurde, wird anschließend für jeden Knoten das früheste Ende ermittelt: FEi = FAi + Di
4 Am Ende der Vorwärtsrechnung steht der frühestmögliche Endzeitpunkt des Netzplans fest.
Rückwärtsrechnung
Schritt Beschreibung
1 Vor Beginn der eigentlichen Rückwärtsrechnung wird das früheste Ende des Netzplanes gleichzeitig als das späteste Ende des Netzplanes eingesetzt: FEZielvorgang = SE_Zielvorgang
2 Bei der Rückwärtsrechnung wird anschließend zunächst der späteste Anfang eines jeden Vorgangsknotens ermittelt: SAi = SAi+1 – Zi → i +1. Hat ein Vorgangsknoten i mehrere Nachfolger, so ist für SAi der früheste Wert anzusetzen.
3 Nachdem für alle Knoten der späteste Anfang ermittelt wurde, wird anschließend für jeden Knoten das späteste Ende ermittelt: SEi = SAi + Di
Berechnung der Pufferzeiten
Schritt Beschreibung
1 Pufferzeiten sind Zeitspannen, um die die Lage eines Vorgangs verändert werden kann, ohne dass sich der Endzeitpunkt des verändert. Dabei wird zwischen Gesamtpuffer und freiem Puffer unterschieden.
2 Der Gesamtpufferzeit GP ist die Zeitspanne zwischen frühester und spätester Lage eines Vorganges, ohne dass sich die Gesamtdauer des Netzplanes verschiebt; der Gesamtpuffer wird für jeden Vorgangsknoten folgendermaßen ermittelt: GPi = SAi – FAi oder SEi – FEi. Bei mehreren Nachfolgern ist der kleinste Wert für GPi anzusetzen.
3 Die freie Pufferzeit FP ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang gegenüber seiner frühesten Lage verschoben werden kann ohne die früheste Lage seiner Nachfolger zu beeinflussen. Sie kann nur bei Vorgangsknoten mit einer Gesamtpufferzeit auftreten und wird folgendermaßen ermittelt: FPi = FAi+1 – FAi – Zi→i+1. Bei mehreren Nachfolgern ist der kleinste Wert für FPi zu verwenden.

Ermittlung des kritischen Weges

Vorgänge mit einem Gesamtpuffer = 0 (SAi = FAi) liegen auf dem kritischen Weg. Der kritische Weg ist die Folge von Vorgängen, deren Gesamtpufferzeit = 0 ist. Der kritische Weg zieht sich durch den gesamten Netzplan, beginnend beim Start-, endend beim Zielknoten. Der kritische Weg wird farbig hervorgehoben!

Darstellung Vorgangsliste

Abbildung 3: Exemplarische Darstellung einer Vorgangsliste (Quelle: IBW Uni Kassel, Dr. Holger Schopbach)

Darstellung Netzplan

Abbildung 4: Exemplarische Darstellung eines Netzplans (Quelle: IBW Uni Kassel, Dr. Holger Schopbach)

Hinweis: Zur Erstellung eines Netzplans kann die Formelsammlung Baubetrieb - Tabelle 2-3 zur Anwendung kommen.

Netzplan der virtuellen Baustelle

Auf Basis des Terminplans der virtuellen Baustelle wird nachfolgend ein Netzplan erstellt. Bei der Erstellung des Netzplans wurden zudem folgende Randbedingungen und Abhängigkeiten berücksichtigt:

  • Es wird mit den Erdarbeiten begonnen. Hier wird zuerst der Oberboden abgetragen, bevor im Anschluss der Bodenaushub beginnt.
  • Sobald die Erdarbeiten abgeschlossen sind, kann mit den Arbeiten des Streifenfundaments KG begonnen werden. Dieses wird nicht gegen das Erdreich betoniert, sondern mit einer zusätzlichen Schalung versehen.
  • Die Verfüllung der Baugrube erfolgt nach Fertigstellung der Wandbetonage im KG und beginnt parallel mit diesem. Sobald die Baugrube verfüllt wurde, kann mit den Arbeiten der Streifenfundamente EG begonnen werden. Dieses wird nicht gegen das Erdreich betoniert, sondern mit einer zusätzlichen Schalung versehen.
  • Die Trocknungszeiten des Betons werden individuell für jeden Vorgang berücksichtigt und zeitlich angepasst. Idealerweise sollte die Trocknungszeit über das Wochenende liegen und nicht weniger als 2 Tage beanspruchen.
  • Nach der Herstellung der Bodenplatte erfolgt die Herstellung der Kellerwände in Elementbauweise. Der Einbau der Stütze und des Unterzugs ist abhängig vom Einbau der Elementwand.
  • Mit der Herstellung der Decken über dem KG kann ein Tag nach der Betontrockung begonnen werden.
  • Nachdem die Arbeiten an den Streifenfundamenten des EG abgeschlossen sind, beginnen die Arbeiten der Bodenplatte des EG. Da nur eine Kolonne für die Herstellung zur Verfügung steht, darf die Bodenplatte nicht parallel mit den Arbeiten der Streifefundamente EG erfolgen.
  • Im Anschluss daran werden die Wände des EG gemauert, übermauert und die Stürze eingebaut. Die Anlieferung der Filigrandeckenplatte hängt von diesen Arbeiten ab.
  • Nachdem der Beton der Deckenplatte getrocknet ist, endet der Terminplan und die Gesamtzeit wird ermittelt.
  • Es müssen keine Wochenenden oder Feiertage berücksichtigt werden. Vereinfacht beginnt der Terminplan am 01.01. des Kalenderjahres.

In der folgenden PDF ist der Netzplan des Gebäudes der virtuellen Baustelle mit den Vorgängen des Oberbodenabtrags (Anfang) bis zur Trocknung des Betons der Deckenplatte im EG (Ende) exemplarisch dargestellt: Netzplan DiviBAU