Das virtuelle Digitalgebäude
Die virtuelle Baustelle
Kompendium für Lernende und Lehrende

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Dachentwässerung

Abb. 1 Faserzement-Wellplatten Deckung mit vorgehängter, halbrunden Rinne, 5 teilig aus Titanzink.
Quelle: Bubiza

Grundlagen

Die Entwässerung von Dachflächen hat primär das Ziel Niederschlagswasser gezielt zu führen und kontrolliert vom Gebäude abzuleiten, um die Konstruktion des Bauwerks sowie den Innenraum zu schützen. Dabei dienen Dachdeckungen und -Abdichtungen als wasserführende Schichten, an die Dachrinnen oder Dachabläufe mit entsprechenden Rohrsystemen angeschlossen sind. Das Niederschlagswasser wird also meist auf möglichst direktem Weg von einer Dachfläche in Richtung Geländeoberkante geleitet.

Zur weiteren Behandlung des Niederschlagwassers gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Versickerung auf dem Grundstück
  • (teilweise-) Speicherung zur weiteren Verwendung in Zisternen (Brauchwasser)
  • Einleitung in ein grundstückeigenes- oder grundstücksnahes Gewässer (z.B. einen Bach oder Fluss, auch Vorfluter genannt)
  • Einleitung in das öffentliche Kanalsystem

Steildachentwässerung

Bestandteile

Bestandteile der Steildachentwässerung sind üblicherweise:

  • die Dachdeckung (Dachziegel, Dachsteine, Schiefer, Faserzement, Faserzementwellplatten, etc.)
  • Kehlen
  • An- und Abschlüsse (z.B. Wandanschlüsse, Gaubenanschlüsse)
  • Tropf- und Einlaufbleche
  • ggf. die Zusatzmaßnahme zur Erhöhung der Regensicherheit (z.B. Unterspannbahnen, Unterdeckbahnen oder Unterdeckplatten)
  • Rinnen
  • Rinnenzubehörteile (z.B. Lötstutzen, Einhangstutzen, Wasserfangkästen)
  • Fallrohre und Fallrohrbögen
  • Standrohre
  • (Grundleitungen (zählen zur Grundstücksentwässerung / Kanalisation))

Abb. 2 vorgehängte, halbrunde Rinne mit darunter liegendem Lüftungsgitter und Tropfblech
Quelle: Bubiza

Größenbezeichnung halbrunder Dachrinnen

Das System der Größenbezeichnung halbrunder Dachrinnen kommt von der (früheren) Herstellungsart, bei der die Dachrinnen aus Standardblechtafeln mit einer Kantenlänge von 1 m x 2 m gedreht wurden (heute geschieht dies meist industriell). Die Rinnengrößen werden demzufolge danach benannt, wieviele Teile einer Zuschnittsbreite aus einer Blechtafel mit 2 m Kantenlänge hergestellt werden können. So hat beispielsweise eine 4 teilige Rinne eine Zuschnittsbreite von 500 mm. Es können also 4 Streifen mit 500 mm Breite aus einer 2 m langen Blechtafel geschnitten werden. Je größer die Teiligkeit, desto kleiner ist der Rinnendurchmesser.

Nachfolgende Tabelle enthält die Standardrinnengrößen.

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Dimensionierung / Niederschlagsberechnung

Die Größe von Dachrinnen, Ablaufstutzen und Fallrohren muss auf die daran angeschlossene Dachfläche sowie die zu erwartende maximale Niederschlagsmenge abgestimmt sein. Zur fachgerechten Dimensionierung dieser Bauteile wird daher die rechnerische Ermittlung dieser Niederschlagsmenge notwendig. Das Ergebnis dieser Berechnung ist die zu erwartende, statistische Menge Regenwasser in Liter pro Sekunde für die in der Berechnung berücksichtigte Fläche. Zusätzlich zur Dimensionierung der Entwässerungsanlage wird dieser Wert von den zuständigen Entwässerungsbetrieben abgefragt.

Der sogenannte Regenwasserabfluss wird mit der Formel Qr = r(D/T) x C x A x (1 : 10000) [l / s] berechnet.

r(D/T) ist die Berechnungsregenspende. Dies ist ein ortsabhängiger Wert, der die Menge in l/s pro Hektar eines Regenereignisses angibt, welches statistisch alle fünf Jahre für die Dauer von fünf Minuten auf die Fläche von einem Hektar einwirkt (r(5/5)). Datengrundlage sind die Werte nach KOSTRA-DWD 2000 des Deutschen Wetterdienstes.

Es wird in die Fünfjahres-Regenspende r(5 / 5) und die Jahrhundert-Regenspende r(5 / 100) unterschieden, die bei der Dimensionierung von Notentwässerungen zu berücksichtigen ist.

C stellt den Abflussbeiwert dar, dieser kann entsprechenden Tabellen entnommen werden und symbolisiert den Versiegelungsgrad der Fläche und deren Rückhaltevermögen des Niederschlagswassers. Ein mit Ziegeln / Dachsteinen gedecktes Dach hat einen Abflussbeiwert von 1, ein Gründach hingegen abhängig von der Aufbaudicke einen Abflussbeiwert von 0,3 - 0,5.

A ist die Größe der wirksamen Dachfläche in m² im Grund gemessen.

Berechnungsbeispiel

Hier gibt es ein Berechnungsbeispiel für den Regenwasserabfluss der Dachflächen des virtuellen Digitalgebäudes.

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Abb. 3 Gebäudemodell mit Fallrohren und Kanalschachtdeckel
Quelle: Bubiza

Flachdachentwässerung

Abb. 4 Dachablauf (Gully)
Quelle: Bubiza

Bestandteile

Bei der Entwässerung von Flachdächern und flach geneigten Dächern gibt es je nach Konstruktion und Aufbau verschiedene Entwässerungssysteme / Bestandteile. Diese können in Bezug auf ihre Lage, Bauweise und Funktionsweise voneinander unterschieden werden. Es gelten die entsprechenden Regeln der Fachregel des ZVDH (Fachregeln Abdichtungen und Merkblatt Entwässerung).

Die Lage wird unterschieden in:

  • außenliegende Entwässerungen
  • innenliegende Entwässerungen

Bei der Bauweise kann unterschieden werden zwischen:

  • Rinnen
  • Abläufe
  • (Not-) Überläufe

Die Funktionsweise wird unterschieden in:

  • Freispiegelentwässerungen
  • Druckentwässerungen

(Weitere Infos zu den beiden Systemen weiter unten.)

Unterschied Ablauf, Notablauf, Notüberlauf

Grundsätzlich müssen Dächer mit innenliegender Entwässerung mindestens einen (Haupt-) Ablauf sowie einen Notablauf oder Notüberlauf besitzen. Während die Abläufe üblicherweise über Fallrohre an Geundleitungen und somit an die Kanalisation angeschlossen sind, müssen Notabläufe und Notüberläufe grundätzlich auf eine freie Fläche entwässern, dürfen also nicht an Grundleitungen und Kanalleitungen angeschlossen werden, da sie auch bei einer Überlastung oder einer Verstopfung des Kanalsystems das Wasser ungehindert von der Dachfläche ableiten können müssen.

Ablauf

Ein Ablauf (häufig auch Gully genannt) ist die Hauptentwässerung eines Flachdachs. Er hat die Funktion den anfallenden Niederschlag aufzunehmen und in die angeschlossenen Anschlussleitungen / Fallrohre und letztlich Grundleitungen abzuleiten. Für die Bemessung gelten DIN EN 12056-3 („Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden - Teil 3: Dachentwässerung, Planung und Bemessung“) sowie die Hinweise des Merkblatts „Entwässerung“ des Regelwerks.

Die Formel zur Ermittlung des Regenwasserabflusses ist die gleiche, wie beim Steildach:

Qr = r(D/T) x C x A x (1 : 10000) [l / s]

Abb. 5 Ablauf mit Kiesfang
Quelle: Bubiza

Notablauf

Ein Notablauf soll, wie der Name schon sagt, nur im Notfall, also bei Überlastung des (Haupt-) Ablaufs durch Starkregen oder bei einer Verstopfung Wasser aufnehmen und ableiten. Dies wird meist durch einen leicht erhöhten Einbau oder durch spezielle Systemteile (Aufstockelemente) erreicht. Diese Erhöhung wird auch Anstauhöhe genannt. Erst wenn sich das Niederschlagswasser bis zu einer definierten Höhe angestaut hat, beginnt es in den Notablauf zu fließen.

Dabei müssen Notabläufe und Notüberläufe so dimensioniert werden, dass sie mindestens die Differenz zwischen dem Abflussvermögen der (Haupt-) Abläufe und dem statistischen Jahrhundertregen r(5/100) aufnehmen und ableiten können. Die sich daraus ergebende Formel lautet dann:

QNot = (r5 / 100 - r D / T ) x C x A x (1 : 10000) [l / s]

Notüberlauf

Ein Notüberlauf hat die gleiche Funktion wie ein Notablauf, befindet sich aber nicht in der Dachfläche selbst sondern in den Dachbegrenzenden Bauteilen, wie z. B. der Attika. Daher ist in Zusammenhang mit Notüberläufen auch häufig die Rede von Attikaabläufen. Auch der Notüberlauf soll nur bei Überschreiten des berechneten Regenwasserabflusses oder bei Verstopfungen der Abläufe wirksam werden und wird deshalb genau wie der Notablauf mit einer definierten Höhe in Bezug zur Dachabdichtung eingebaut.

Abb. 6 Notüberlauf auf Attikainnenseite
Quelle: Bubiza

Abb. 7 Notüberlauf an Attikaaussenseite
Quelle: Bubiza

Freispiegel- und Druckentwässerungen

Freispiegelentwässerungen sind die am meisten verwendeten Entwässerungssysteme, bei denen die Dachabläufe über jeweils eigene Anschlussleitungen und Fallrohre in die Grundleitung (-en) entwässert werden. Dabei sind die Anschluss- und Fallleitungen sowie Grundleitungen immer nur zu einem bestimmten Teil mit Wasser gefüllt, was ein ungestörtes Ablaufen ermöglicht, sobald Wasser in den Ablauf gelangt. Mehrere Dachabläufe werden also auch über mehrere Falleitungen entwässert.

Druckentwässerungen werden fast ausschließlich bei sehr großen Flachdächern, z. B. bei Gewerbe- und Industriehallen eingesetzt. Sie können innerhalb kurzer Zeit große Wassermengen vom Dach abführen. Im Gegensatz zur Freispiegelentwässerung werden bei der Druckentwässerung mehrere Dachabläufe an eine gemeinsame Sammelleitung angeschlossen, die in ein Fallrohr mündet, welches die gesamte Wassermenge der angeschossenen Abläufe aufnimmt.

Bei ausreichender Regenspende kommt es im Bereich des Fallohrs zunächst zu einem kurzzeitigen Rückstau, sodass sich die gemeinsame Sammelleitung ebenfalls vollständig mit Wasser füllt. Durch spezielle Dacheinläufe mit Luftventilen wird ein ungewolltes einströmen von Luft in den Leitungsstrang verhindert. Dadurch kommt es im Bereich des Fallrohr-Übergangs in die Grundleitung zu einer Sogwirkung durch Unterdruck, die schließlich dazu führt, dass die gesamte Wassermenge innerhalb kürzester Zeit abströmt.

Da die Sammelleitung waagerecht verlegt wird, um das vollständige Volllaufen zu begünstigen, ergeben sich auch positive Auswirkungen in Bezug auf den für die Verlegung der Leitung benötigten Platz, insbesondere bei längeren Leitungsstrecken unterhalb der Dächer.