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Bei Gerüstbauarbeiten müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Gefährdungen des Absturzes bei Gerüstarbeiten zu verhindern. Neben Absturzgefährdungen gibt es noch weitere Gefährdungen bei Gerüstbauarbeiten. Diese können sich beispielsweise ergeben durch:
Wird ein Baugerüst verwendet, muss es in der Arbeitsvorbereitung einen Brauchbarkeitsnachweis unterzogen werden. Hierbei muss durch den Standsicherheitsnachweis und den Plan für den Auf-, Um- und Abbau gewiesen werden, dass das Baugerüst nach den Regeln der Betriebssicherheit erbaut wurde, sofern das Gerüst nicht nach einer allgemein anerkannten Regelausführung erstellt wird. Hier ist ein Standsicherheitsnachweis (Festigkeits- und Standfestigkeitsberechnung) auf Grundlage der in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) genannten Technischen Baubestimmungen der Länder zu erbringen.
Für eine allgemein anerkannte Regelausführung gilt der Standsicherheitsnachweis als erbracht, wenn eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für das jeweilige Gerüstsystem durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt wurde, ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall auf Grundlage der Bauordnungen der Länder vorliegt oder eine Gerüstkonfiguration nach DIN 4420-3 errichtet wurde.
Der Standsicherheitsnachweis kann auch unter Zuhilfenahme von Bemessungstabellen oder Bemessungshilfen, die auf Grundlage der in der MVV TB genannten Technischen Baubestimmungen erstellt wurden, erbracht werden. Sofern in der jeweiligen Landesbauordnung gefordert, sind Gerüstsysteme mit einer gültigen, allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung zu verwenden.
Quelle: DGUV Information 201-011
Zur Veranschaulichung kann das oben stehende auch im folgenden Schaubild erkenntlich gemacht werden: Abbildung 1: Nachweis der Brauchbarkeit (Quelle: DGUV Information 201-011)
Gefährdungen können sowohl vor dem Arbeiten als auch während des Arbeitens entstehen.
Vor dem Arbeiten |
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Vor jeder Benutzung ist auf sichere Funktion und augenfällige Mängel zu prüfen (meist durch fachkundige Person, z. B. Aufsichtsführende®) |
Wenn Mängel festgestellt werden, ist bis zur Mängelbeseitigung das Gerüst nicht zu benutzen |
Nach außergewöhnlichen Ereignissen (z. B. Sturm) ist eine Prüfung durch eine beim Gerüstersteller beschäftigte, zur Prüfung befähigte Person zu veranlassen |
Die Beschäftigten müssen sowohl fachliche als auch körperliche Eignungen aufweisen |
Beschäftigte müssen in der Gerüstbenutzung unterwiesen werden |
Fertiggestellte und geprüfte Gerüste müssen eine Kennzeichnung aufweisen (z. B. Gerüstersteller, Bauart, Last- und Breitenklasse, Warnhinweise) |
Nach Fertigstellung des Gerüsts muss ein Plan für den Gebrauch vorliegen (z. B. Gerüstersteller, Prüfnachweis, Zugänge, Verwendungsbeschränkungen) |
Während des Arbeitens |
Das Gerüst ist erst nach endgültiger Fertigstellung und Freigabe zu benutzen |
Nur Zugänge und Aufstiege die sicher und dafür geeignet sind benutzen |
Außenliegende Leitergänge sind verboten; Ausnahme: bis 5 m Höhe |
Es sollte vermieden werden, dass gleichzeitig auf übereinanderliegenden Arbeitsplätzen gearbeitet wird |
Es ist auf mögliche Absturzgefahr zwischen Gerüst und Gebäude zu achten |
Fanggerüste und Schutzdächer sind von Materialien oder Werkzeugen freizuhalten |
Keine eigenmächtigen Veränderungen am Gerüst vornehmen |
Mängel sind sofort der aufsichtführenden Person zu melden |
Maximale Belastung entsprechend der vorgegebenen Lastklasse nur einmal pro Gerüstfeld aufbringen |
Bei Materiallagerung einen ausreichend breiten Durchgang auf dem Beleg frei lassen (mind. 0,20 m) |
Klappen in den Durchstiegsbelägen geschlossen halten |
Kein Material von Gerüsten abwerfen |
Kein Material auf Beläge werfen |
Stolperfallen beseitigen |
Nicht auf Beläge abspringen |
Standsicherheit des Gerüsts nicht durch Ausschachtungen gefährden |
Allgemeines |
Gerüstbauarbeiten dürfen nur unter Aufsicht einer fachkundigen Person und von fachlich geeigneten Beschäftigten ausgeführt werden |
Bei der Ermittlung der Gefährdung ist festzustellen, ob Beschäftigte über Kanten (Außen-, Innen- und Stirnseiten) abstürzen können |
Vor der Durchführung der Gerüstbauarbeiten ist eine Montageanweisung für das jeweilige Bauvorhaben zu erstellen |
Bei der Bewertung der Gefährdung ist stets zu beachten:
Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen muss unter Betrachtung der Absturzgefährdung und Erstellung von Gerüsten in jedem Fall eingehalten werden und ist nach § 4 ArbSchG folgendermaßen festgelegt:
Merksatz: Arbeiten müssen so gestaltet werden, dass keine Gefährdung vorhanden ist. |
- Absturzsicherungen als technische Maßnahmen einrichten, z. B. Seitenschutz, vorlaufender Seitenschutz oder Montagesicherungsgeländer (MSG) Nummer 1.
Das folgende Schaubild zeigt die Maßnahmen gegen Absturzgefahr noch einmal anschaulich: Abbildung 2: Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gerüsten (Quelle: DGUV-Information 201-011)
Bei der Gefährdungsbeurteilung wird die Absturzhöhe, der horizontale Abstand zu festen Bauteilen und die Beschaffenheit der Aufschlagfläche beachtet. Eine Definition der Absturzhöhe wird in diesem Abschnitt näher betrachtet.
Für die Betrachtung der Absturzhöhe ist zunächst einmal die Begriffsdefinition der Absturzkante wichtig:
Als Absturzkante wird die Kante bezeichnet, über die Beschäftigte abstürzen können. Von dieser Besteht die meiste Gefahr. Eine Absturzkante ist definiert als:
Absturzhöhe im Sinne dieser ASR ist der senkrechte Höhenunterschied zwischen der Standfläche der Beschäftigten an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen bzw. der Absturzkante und der angrenzenden tiefer liegenden ausreichend großen und tragfähigen Fläche (Auftrefffläche).
Als Veranschaulichung zwischen Absturzkante und Absturzhöhe kann folgendes Schaubild dienen: Abbildung 3: Unterscheidung Absturzkante und Absturzhöhe (Quelle: ASR A 2.1 - 1)
mit: h = senkrechter Höhenunterschied zwischen A = Standfläche bzw. der Absturzkante B = Auftrefffläche
Beschäftigte müssen sowohl beim Auf-, Um- und Abbau als auch während des Arbeitsprozesses gegen Absturz gesichert werden. Diese Sicherungsmaßnahmen werden im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt. Schutzmaßnahmen gegen Absturz sind dann nicht erforderlich, wenn der horizontale Abstand zwischen der Kante der Belagfläche des Gerüstes und einer tragfähigen und ausreichend großen Fläche des Bauwerkes nicht mehr als 0,30 m beträgt.
Quelle: DGUV-Information 201-011
Auf der obersten Gerüstlage ist für den Horizontaltransport von Gerüstbauteilen mindestens ein einteiliger Seitenschutz bei durchgehender Gerüstflucht je Gerüstfeld zu verwenden, sofern nicht bauliche Gegebenheiten, wie z. B. Balkone, Erker oder besondere Gerüstbauarten, wie z. B. Hänge- oder Raumgerüst, diese Maßnahme der Absturzsicherung nicht ermöglichen.
Anforderungen an den Seitenschutz können z. B. den Aufbau- und Verwendungsanleitungen der Gerüsthersteller oder DIN EN 12811-1, DIN 4420-1 entnommen werden.
Abbildung 4: Beispiel für einen vorlaufenden systemimmanenten Seitenschutz (Quelle: DGUV-Information 201-011)
Der Seitenschutz bei der Montage bzw. Demontage kann als Bauteil bzw. technische Schutzvorrichtung welche beim Auf-, Um- und Abbau im Gerüst verbleibt (systemimmanent bzw. -integriert), als Montagesicherungsgeländer (MSG) oder durch den bereits montierten Seitenschutz ausgeführt sein. Bei Gerüstendfeldern ist dabei auch die Stirnseite gegen Absturz zu sichern.
Sind Absturzsicherungen nicht möglich, können Auffangeinrichtungen bei speziellen baulichen Gegebenheiten, wie beispielsweise Gerüsten auf Kranbahnen oder Öffnungen im Gebäude unterhalb der Gerüsterstellung, verwendet werden. Die Auffangeinrichtung ist als Schutzgerüst oder Schutznetz auszuführen.
Anforderungen an ein Schutzgerüst sind z. B. in DIN 4420-1 beschrieben, Anforderungen zu Schutznetzen können z. B. DIN EN 1263-1 entnommen werden. Hinweise zu Schutznetzen siehe DGUV Regel 101-011 „Einsatz von Schutznetzen (Sicherheitsnetzen)“.
Abbildung 5: Beispiel einer Auffangeinrichtung (Quelle: DGUV-Information 201-011)
Ist es nicht möglich, eine technische Schutzmaßnahme aufgrund des einzurüstenden Objekts oder der Gerüstbauart einzurichten, ist als personenbezogene Schutzmaßnahme eine geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSA gegen Absturz) zu verwenden.
Hier steht der Unternehmer bzw. die Unternehmerin in der Pflicht für die bestimmungsgemäße Benutzung der PSA gegen Absturz zu sorgen. Dies setzt folgendes voraus:
Vgl. § 31 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema „Arbeitsschutzrechtliche Verantwortung - Unternehmer“
Hinweise für geeignete Anschlagpunkte der PSA können z. B. aus der Aufbau- und Verwendungsanleitung des jeweiligen Gerüstherstellers sowie der Gebrauchsanleitung des Herstellers der PSA gegen Absturz entnommen werden. Eine Bestimmung im Einzelfall sowie der Nachweis ist nur notwendig, wenn keine geeigneten Anschlagpunkte ausgewiesen sind. Geeignete Anschlagpunkte für PSA gegen Absturz liegen grundsätzlich oberhalb des oder der Beschäftigten, bei längenorientierten Arbeits- und Schutzgerüsten mindestens jedoch in 1 m Höhe über der Standfläche des oder der Beschäftigten.
Anschlagpunkte sind vom Unternehmer bzw. der Unternehmerin festzulegen, siehe auch DGUV Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“.
Bei der Benutzung von PSA gegen Absturz ist in jedem Fall ein Schutzhelm mit Kinnriemen zu verwenden. Dieser muss den Anforderungen nach DIN EN 397 entsprechen.
Vgl. Abschnitt 4.2.4 der TRBS 2121-1 und DGUV Regel 112-193 „Benutzung von Kopfschutz“.
Arbeitsplätze und Verkehrswege müssen ein sicheres Arbeiten und Begehen ermöglichen. Hier hat der Unternehmer bzw. die Unternehmerin dafür zu sorgen, dass nur tragfähige Arbeitsplätze und Verkehrswege genutzt werden. Bei Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf nicht begehbaren Bauteilen müssen geeignete Maßnahmen vorhanden sein, die ein Durchbrechen und Abstürzen von Personen verhindern.
Siehe DGUV Vorschrift 38 „Bauarbeiten“, § 8 ff.
Eine Unterscheidung wird in vertikale und horizontale Flächen erfolgen. Hierbei sind hinsichtlich der Tragfähigkeit folgende Aspekte zu beachten:
Tragfähigkeit von vertikalen Flächen
Die Tragfähigkeit einer vertikalen Fläche eines Bauwerkes wird dann erreicht, wenn sie den Anforderungen für Seitenschutz nach DIN EN 12811-1 entspricht. Eine vertikale verglaste Fläche des Bauwerkes kann als tragfähig angesehen werden, wenn sie den An-forderungen für Verglasungen nach DIN 18008-4 entspricht.
Tragfähigkeit von horizontalen Flächen
Zu beachten ist bei horizontalen Flächen eines Bauwerkes, die für die Gerüstbauarbeiten betreten werden, dass diese begehbar sind und die als Auffangfläche bei einem Absturz dienen, durchsturzsicher gestaltet sind.
Nicht begehbare bzw. nicht durchsturzsichere horizontale Flächen können z. B. aus PVC- Platten, Glasplatten, Faserzementplatten, Lichtkuppeln oder -bändern bestehen. Eine Fläche gilt z. B. dann als durchsturzsicher (jedoch nicht als begehbar), wenn sie nach dem DGUV-Prüfgrundsatz GS-BAU 18 „Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Durchsturzsicherheit von Bauteilen bei Bau- oder Instandhaltungsarbeiten“ geprüft worden ist.
Als begehbare Bauteile werde alle Bauteile bezeichnet, die von Herstellerseite ausdrücklich eine Begehbarkeit bestätigt haben oder für die eine statische Berechnung vorliegt, welche die Begehbarkeit berücksichtigt.
Die Unterlage für spätere Arbeiten nach BaustellV enthält in der Regel entsprechende Informationen.
Bei Arbeitsplätzen auf Gerüsten muss ein sicherer Zugang oder ein Aufstieg gewährleistet werden. Die Zugänge müssen mindestens alle 50 m angemessen ergonomisch und sicher begangen werden können, siehe Abschnitt 5.3 bzw. TRBS 2121-1.
Während der Gerüstmontage (Auf-, Um- und Abbau) ist der Zugang für den Gerüstersteller über innenliegende Leitern zulässig.