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Arbeitsschutzrechliche Verantwortung - Unternehmer

Hierarchie der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortung

Die folgende Darstellung zeigt die Hierarchie der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortung.

Abbildung 1: Hierarchie der arbeitsschutzrechtlichen Verantwortung (Quelle: BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft)

Grundsatz: Der Unternehmer bzw. der Arbeitgeber trägt in erster Linie die Verantwortung für das Arbeitsergebnis und die Arbeitssicherheit. Durch Delegation (Pflichtenübertragung) werden betriebliche Vorgesetzte mit in seine Verantwortung einbezogen.

Neben dem Arbeitgeber sind noch weitere Personen für die Erfüllung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten verantwortlich. Dazu gehören nach § 13 Abs. 1 ArbSchG:

  • ein gesetzlicher Vertreter des Arbeitgebers (z. B. Insolvenzverwalter)
  • das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person (z. B. Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand einer AG)
  • der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft (z. B. Gesellschafter einer OHG, Komplementär einer KG)
  • Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse (z. B. Betriebs-, Unternehmens- und Dienststellenleiter)
  • sonstige mit dem Arbeitsschutz beauftragte Personen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse

Der Arbeitgeber hat auch die Möglichkeit, seine Verantwortung für den betrieblichen Arbeitsschutz zu delegieren. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, ergibt sich aus § 13 Abs. 2 ArbSchG. Danach kann der Arbeitgeber zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen. (siehe nachfolgende Darstellung)

NICHT übertragbar ist die Pflicht, geeignete Personen (Führungskräfte) auszuwählen

Unternehmer (Arbeitgeber) sind zum Beispiel:
- AG (Vorstand, Vorsitzender)
- KG (Komplementär)
- GmbH (Geschäftsführer)
- Einzelkaufmann (er selbst)

Beauftragte Personen sind zum Beipiel:
- Betriebsleiter (Direktoren, Prokuristen, NLL)
- Fachkundige Vorgesetzte (Bauleiter, Poliere, Vorarbeiter)

Quelle: BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes im Sinne des §4 Arbeitsschutzgesetz sind:

  1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird
  2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen
  3. bei den Maßnahmen sind der Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen
  4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen
  5. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen
  6. spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen
  7. den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen
  8. mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist

Quelle: BGHM - Berufsgenossenschaft Holz und Metall

Pflichten des Unternehmers

Definition eines Unternehmers

Als Unternehmer wird derjenige bezeichnet, der das Unternehmerrisiko unmittelbar trägt. Unternehmer können natürliche oder juristische Personen sein oder rechtsfähige Personengesellschaften. Je nach Unternehmensform kann es sich hierbei um Einzelpersonen oder Personengruppen handeln.

Der Unternehmer kann grundlegend über folgendes Aufgabenspektrum verfügen:

  • Unternehmensziele und die Geschäftspolitik bestimmen
  • grundsätzliche und weitreichende Entscheidungen treffen
  • für die Organisation und den Betriebsablauf Maßstäbe definieren
  • über die finanziellen Mittel und betrieblichen Einrichtungen verfügen

Verantwortungsbereiche des Unternehmers kann man somit als Merksätze definieren:

1. Organisationsverantwortung (Vorsorgen, dass nichts passiert)
2. Auswahlverantwortung (Der richtige Mann am richtigen Platz)
3. Kontrollverantwortung (Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser)

Der Unternehmer hat bei der Führung seines Unternehmens eine umfassende Entscheidungsfreiheit. Somit unterliegt er der grundsätzlichen Verantwortung für den Arbeitsschutz. Sie ist untrennbar mit seinem Direktionsrecht verbunden. Der Unternehmer hat mit der Gründung seines Unternehmens mit allen dazu gehörenden Risiken die größte Verantwortung. Deswegen muss er das Ziel verfolgen, die Gefahren für die Personen, die sein Unternehmen betreten, so gering wie möglich zu gestalten.

Der Unternehmer, auch der internationale Unternehmer, ist umfassend dafür verantwortlich, alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Hierbei hat er die Pflicht, die erforderlichen Maßnahmen den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und den Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten. In Anlage 1 der DGUV Vorschrift 1 sind beispielhaft staatliche Arbeitsschutzvorschriften aufgelistet.

Grundlegende Vorschriften

Die erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus der vom Unternehmer vorzunehmenden Gefährdungsbeurteilung (§ 3), welche nachfolgend aufgeführt sind. (Quelle: BG Bau- Berufgenossenschaft der Bauwirtschaft)

§3 (1) UVV Bauarbeiten Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Bauarbeiten von weisungsbefugten und fachkundigen Vorgesetzten geleitet werden [Bauleiter]. Diese Vorgesetzten müssen gewährleisten, dass bei der Durchführung der Bauarbeiten die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden und die Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Versicherten minimiert werden. Die Leitung der Bauarbeiten umfasst auch das Einrichten und Räumen der Baustelle.
§3 (2) UVV Bauarbeiten Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Bauarbeiten von weisungsbefugten und fachkundigen Personen beaufsichtigt werden (Aufsichtführende [Polier / Vorabeiter]). Diese müssen die arbeitssichere Durchführung der Bauarbeiten überwachen.
§ 3 (1) ArbSchG Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.

Gefährdungsbeurteilung

Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind wichtige Voraussetzungen für die Qualität der Arbeit. Aus diesem Grund haben Unternehmer durch verschiedene gesetzliche Regelungen die Verpflichtung zur Durchführung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung. Betrachtungsfelder können Ablauforganisation, Arbeitsmittel, Gefahrstoffe und Notfallplanung sein.

Ein störungsfreier Betriebsablauf ist insbesondere bei Kleinbetrieben von besonderer Bedeutung, da Fehlzeiten von Mitarbeitern, berufsbedingte Erkrankungen oder Unfälle, Ausfälle von Maschinen und Geräten durch Fehlbedienung oder mangelhafte Wartung die Produktivität und den Erfolg verringern. Zur Vermeidung dieser sollten deshalb Vorüberlegungen zur Gefährdungsbeurteilung in Betracht gezogen werden, um mögliche Mängel, Fehler und Störungen im Unternehmen frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.

Die Gefährdungsbeurteilung bringt mehrere Vorteile mit sich:

  • Die Mängel werden rechtzeitig erkannt
  • Es werden klare Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern im Unternehmen gegeben, welche den Umgang miteinander erleichtern und dazu dienen Missverständnisse zu vermeiden
  • Arbeitsabläufe werden klarer geregelt und werden dadurch verbessert
  • Die betrieblichen Abläufe werden sicherer, weil weniger Probleme mit den Maschinen und Geräten auftreten
  • Die Qualität der Arbeit steigt, weil die Mitarbeiter besser über die Arbeitsaufgaben informiert sind

Grundsätzlich kann jeder Unternehmer seine Gefährdungsbeurteilung individuell erarbeiten und dokumentieren. Allerdings werden von Seiten der BG BAU jedoch jedem Mitgliedsbetrieb bestimmte Arbeitshilfen und verschiedene ergänzende Werkzeuge zur qualifizierten Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung gestellt.

Um eine Gefährdungsbeurteilung aufzustellen, dienen unterschiedliche Gesetze:

Nachfolgend werden verschiedene Punkte aufgeführt, wie jedes Unternehmen eine Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz durchzuführen hat. Die Gefährdungsbeurteilungen müssen in jedem Fall dokumentiert werden.

Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG

Beurteilung der Arbeitsbedingungen

  1. Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
  2. Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.

„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“ (§ 3 Arbeitsschutzgesetz)

Die Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ermitteln, diese zu beurteilen und Maßnahmen zur Abwehr oder Minimierung festzulegen, wird als Gefährdungsbeurteilung bezeichnet (§ 5 Arbeitsschutzgesetz). Diese Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.

Gefährdungsarten zur Gefährdungsbeurteilung

Prinzipiell ist der menschliche Körper für körperliche Belastungen aller Art gerüstet. Bewegung ist sogar lebenswichtig, damit der Körper und die Organe gesund funktionieren können. Fehlbelastungen können dem Körper jedoch schaden. Aus diesem Grund lässt sich mit einer Gefährdungsbeurteilung ermitteln, ob die körperlichen Belastungen in einem gesunden Maße stattfinden oder ob sie als Über- oder Fehlbelastungen ein Risiko für den Beschäftigten darstellen. Damit diese mit Fach- und/oder Erfahrungswissen identifiziert werden können (Orientierte Gefährdungsbeurteilung) und ab wann Maßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung dieser ergriffen werden müssen, kann mit den folgenden Methoden ermittelt werden:

Können hierbei Belastungen nicht eindeutig erkannt bzw. nicht wirksam gemindert werden, so ist eine vertiefende Gefährdungsbeurteilung notwendig. Diese richten sich an Unternehmer, beauftragte Beschäftigte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte, welche sich in einigen Fällen auch externe Spezialisten hinzuziehen. Zur Feststellung der Gefährdung werden hier die Leitmerkmalmethode für alle typischen Belastungsarten, die OWAS-Methode zur Beurteilung von Körperhaltungen und für das Heben, Halten und Tragen von Lasten, das NIOSH Grenzlast-Verfahren für das Heben, Halten und Tragen von Lasten oder das RULA-Verfahren für die Bewertung von erzwungenen Körperhaltungen der oberen Extremitäten angewendet.

Eine weitere Gefährdungsbeurteilung ist das Handlungsfeld Expositionsermittlung, welches auf bestehenden Aktivitäten aufbaut und insbesondere durch Aktivitäten der Partner Lücken einer systematischen Bewertung von Expositionssituationen durch spezifische Messungen auf Baustellen schließen soll. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse können von den Einzelbranchen der Bauwirtschaft zur Erarbeitung von Branchenlösungen auf der Grundlage der TRGS 504 genutzt werden.

Eine ebenfalls sehr wichtige Gefährdungsbeurteilung, ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Welche Vorgehensweise bei dieser notwendig sind, ist hier zu entnehmen. Das folgende Schaubild zeigt diese Schritte einmal übersichtlich.

Abbildung 2: Schritte der Gefährdungsbeurteilung bei psychischer Belastung (Quelle: BG Bau - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft)