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Kompendium für Lernende und Lehrende

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema "Planung und Dimensionierung von Baugerüsten"

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema "Planung und Dimensionierung von Geländer"

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema "Absturzgefährdung bei Gerüstbauarbeiten"

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema "Leiter als Arbeitsplatz und Verkehrsweg"

Absturzgefährdung an Geländern

Bei Gerüstbauarbeiten sowie bei Arbeiten an den Geländerkanten müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Gefährdungen des Absturzes zu verhindern. Neben Absturzgefährdungen gibt es noch weitere Gefährdungen bei Arbeiten an Geländerkanten. Diese können sich beispielsweise ergeben durch:

  • mechanische Gefährdungen, z. B. Abstürzen, Abrutschen und Stolpern am Arbeitsplatz und dessen Zugang
  • elektrische Gefährdung (Stromschlag), z. B. bei der Verwendung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln sowie bei Gerüstbauarbeiten in der Nähe von elektrischen Anlagen wie Freileitungen
  • physikalische Gefährdungen (Lärm, solare UV-Strahlung, Strahlung), z. B. bei Arbeiten mit oder in der Nähe von lärmintensiven Maschinen oder Geräten, bei Arbeiten im Freien sowie in der Nähe von Sendeanlagen
  • Gefahrstoffe, z. B. Asbest, quarzhaltige Stäube, (z. B. bei dem Herstellen von Verankerungslöchern) oder Kraftstoffe
  • Arbeitsumgebungsbedingungen (Witterungsverhältnisse), z. B. starker und/oder böiger Wind, Vereisung, Schneeglätte, Hitze, Kälte
  • Gefahren aus dem einzurüstenden Objekt und dessen Umgebung, z. B. Rohrleitungen, Schächte und Kanäle, Hydranten und Absperreinrichtungen der öffentlichen Versorgung, Anlagen mit Explosionsgefahr, kontaminierte Bereiche, maschinelle Anlagen und Einrichtungen, Kran- und Förderanlagen, Bauteile die beim Begehen brechen können, z. B. Faserzement-Wellplatten, Lichtplatten, Glasdächer, Oberlichter
  • gegenseitige Gefährdungen durch andere Unternehmen und deren Arbeitsmittel, z. B. Fahrzeuge, Flurförderfahrzeuge oder übereinanderliegende Arbeitsplätze

Wird ein Baugerüst verwendet, muss es in der Arbeitsvorbereitung einen Brauchbarkeitsnachweis unterzogen werden. Hierbei muss durch den Standsicherheitsnachweis und den Plan für den Auf-, Um- und Abbau gewiesen werden, dass das Baugerüst nach den Regeln der Betriebssicherheit erbaut wurde, sofern das Gerüst nicht nach einer allgemein anerkannten Regelausführung erstellt wird. Hier ist ein Standsicherheitsnachweis (Festigkeits- und Standfestigkeitsberechnung) auf Grundlage der in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) genannten Technischen Baubestimmungen der Länder zu erbringen.

Für eine allgemein anerkannte Regelausführung gilt der Standsicherheitsnachweis als erbracht, wenn eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für das jeweilige Gerüstsystem durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt wurde, ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine Zustimmung im Einzelfall auf Grundlage der Bauordnungen der Länder vorliegt oder eine Gerüstkonfiguration nach DIN 4420-3 errichtet wurde.

Der Standsicherheitsnachweis kann auch unter Zuhilfenahme von Bemessungstabellen oder Bemessungshilfen, die auf Grundlage der in der MVV TB genannten Technischen Baubestimmungen erstellt wurden, erbracht werden. Sofern in der jeweiligen Landesbauordnung gefordert, sind Gerüstsysteme mit einer gültigen, allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung zu verwenden.

Quelle: DGUV Information 201-011

Zur Veranschaulichung kann das oben stehende auch im folgenden Schaubild erkenntlich gemacht werden: Abbildung 1: Nachweis der Brauchbarkeit (Quelle: DGUV Information 201-011)

Gefährdungen können sowohl vor dem Arbeiten als auch während des Arbeitens entstehen.

Vor dem Arbeiten
Berücksichtigung der Absturzhöhe
Art, Dauer der Tätigkeit, körperliche Belastung
Abstand von der Absturzkante
Beschaffenheit und Tragfähigkeit des Standplatzes oder der Standfläche
Beschaffenheit der tiefer gelegenen Flächen
Beschaffenheit der Arbeitsumgebung und gefährdende äußere Einflüsse
Beschaffenheit der Arbeitsflächen im Hinblick auf Öffnungen in Böden, Decken oder Dachflächen und Vertiefungen
Während des Arbeitens
Bei einer Höhe von 0 m sind Maßnahmen gegen Hineinfallen oder Versinken in Stoffe(n) entsprechend der Gefährdungsbeurteilung erforderlich
Bei einer Höhe von 0,2 bis 1,0 m sind Maßnahmen gegen Absturz oberhalb einer angrenzenden Fläche, gegen Abrutschen und entsprechend der Gefährdungsbeurteilung erforderlich
Bei Bodenöffnungen müssen feste oder abnehmbare, gegen unbeabsichtigtes Ausheben gesicherte, Umwehrungen oder Abdeckungen aus tragfähigen Materialien verwendet werden
Der Abstand zur Absturzkante muss größer als 2,0 m sein. Der Gefahrbereich muss durch geeignete Maßnahmen (kein Flatterband) und eine gut sichtbare Kennzeichnung gesichert werden.

Bei einer Höhe von 1,0 m sind Maßnahmen nach der Maßnahmenhierarchie erforderlich

  • Geländer müssen bis 12,0 m Absturzhöhe 1,0 m hoch sein
  • Geländer müssen ab 12,0 m Absturzhöhe 1,1 m hoch sein

Bei Wandöffnungen sind Maßnahmen erforderlich

  • bei einer Brüstungshöhe kleiner als 1,0 m
  • bei einer Breite größer als 0,18 m und einer Höhe größer als 1,0 m
  • nach Gefährdungsbeurteilung

Absturzgefährdung mit Rangfolge der Schutzmaßnahmen

Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen muss unter Betrachtung der Absturzgefährdung und Erstellung von Gerüsten in jedem Fall eingehalten werden und ist nach § 4 ArbSchG folgendermaßen festgelegt:

  • Technische Schutzmaßnahmen sind vorrangig vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen zu verwenden.
  • Das Gerüst ist fortlaufend mit dem Aufbau zug- und druckfest an tragfähigen Bauteilen der Fassade zu verankern. Bereits mit dem Aufbau des ersten Gerüstfeldes ist eine Sicherung gegen Umkippen vorzunehmen.
  • Ausgewählte Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz sind bei der Erstellung des Planes für Auf-, Um- und Abbau (Montageanweisung) zu konkretisieren und festzulegen.
Merksatz: 
Arbeiten müssen so gestaltet werden, dass keine Gefährdung vorhanden ist.  

Rangfolge der Schutzmaßnahmen:

  1. Absturzsicherungen als technische Maßnahmen einrichten, z. B. Seitenschutz, vorlaufender Seitenschutz oder Montagesicherungsgeländer (MSG) Nummer 1.
  2. Sind Absturzsicherungen nicht möglich müssen Auffangeinrichtungen, z. B. Schutzgerüste, Schutznetze verwendet werden.
  3. Sind Absturzsicherungen oder Auffangeinrichtungen aufgrund des einzurüstenden Objekts, der Gerüstbauart oder der zusätzlichen Konstruktion nach statischen Erfordernissen nicht möglich, ist als personenbezogene Schutzmaßnahme eine geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zu verwenden (hierbei Rettungsmaßnahmen festlegen).

Das folgende Schaubild zeigt die Hierarchie der Maßnahmen gegen Absturzgefahr noch einmal anschaulich: Abbildung 2: Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gerüsten (Quelle: DGUV-Information 201-011)

Definition der Absturzhöhe

Bei der Gefährdungsbeurteilung wird die Absturzhöhe, der horizontale Abstand zu festen Bauteilen und die Beschaffenheit der Aufschlagfläche beachtet. Eine Definition der Absturzhöhe wird in diesem Abschnitt näher betrachtet.

Für die Betrachtung der Absturzhöhe ist zunächst einmal die Begriffsdefinition der Absturzkante wichtig:

Als Absturzkante wird die Kante bezeichnet, über die Beschäftigte abstürzen können. Von dieser Besteht die meiste Gefahr. Eine Absturzkante ist definiert als:

  • Kante zu einer mehr als 60° geneigten Fläche (z. B. einer Dachfläche)
  • Übergang einer durchtrittsicheren zu einer nicht durchtrittsicheren Fläche
  • Übergang von Flächen mit unterschiedlichen Neigungswinkeln von einer bis zu 20° geneigten Fläche zu einer mehr als 60° geneigten Fläche
  • die gedachte Linie an gewölbten Flächen, ab der der Neigungswinkel einer Tangente größer als 60° ist

Absturzhöhe im Sinne dieser ASR ist der senkrechte Höhenunterschied zwischen der Standfläche der Beschäftigten an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen bzw. der Absturzkante und der angrenzenden tiefer liegenden ausreichend großen und tragfähigen Fläche (Auftrefffläche).

Als Veranschaulichung zwischen Absturzkante und Absturzhöhe kann folgendes Schaubild dienen: Abbildung 3: Unterscheidung Absturzkante und Absturzhöhe (Quelle: ASR A 2.1 - 1)

mit:
h = senkrechter Höhenunterschied zwischen 
A = Standfläche bzw. der Absturzkante 
B = Auftrefffläche

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